Drei Tage mit dem Strom – Im Bulli entlang der Weser (Teil 2)

Während der gesamte Platz sich zur Pfingstparty am Samstag rüstet, treibt es uns wieder auf die Landstrasse. Zum Glück startet der Bulli ohne zu Murren. Noch zu Haus hatte ich ein paar mal das Radio-Panel an seinem Gegenstück gelassen und musste am nächsten Tag die leere Batterie füllen. Die Vorstellung jeden Morgen in der Fremde noch um Überbrückung zu betteln, liess mich am Abend vorher sowie bei jedem Stop jegliches Kabel ziehen. Heute haben wir uns fest vorgenommen früher auf dem Campingplatz anzukommen und starten das Navi um ohne Umwege zum Ziel zu gelangen. Problem nur, dass  dieses unsägliche Gerät uns immer wieder zurück zum Start lotsen will, da dieser von mir als Zwischenziel eingespeichert wurde. Natürlich ist nie die Technik schuld sondern immer der Mensch der diese nicht zu bedienen weiß. Gefundenes für meine Frau, die das ja irgendwie mit meinen fünf dafür verbrauchten Abenden gleich geahnt hat. “Dann fahren wir eben nach Karte! Oldschool passt doch sowieso besser zu dieser Tour!” ist meine Antwort. So sind die analogen ADAC Karten schnell zur Hand und es geht in manueller Navigation weiter dem Strom entlang.

Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal hoch über Porta Westfalica

Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal hoch über Porta Westfalica

So Langsam aber sicher schwindet die ländliche Gegend und wird durch Industrieanlagen und weit ausgebaute Fahrwege abgelöst. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich eben sehr viel Industrie an der Weser in Richtung Meer angesiedelt. Eine Tatsache, die wohl im Abbau von Kalisalzen und Steinkohle sowie dem direkten Zugang zum Meer über die Weser-Wasserstraße zu begründen ist und bis heute andauert. Nach passieren einer weiteren Seenlandschaft öffnet sich das Tor Westfalens vor uns. Natürlich zieht es uns zum Kaiser-Wilhelm-Denkmal, einem 88 Meter hohen Monument, welches Wilhelm dem Ersten gewidmet ist und unübersehbar über der Stadt Porta Westfalica thront. Obwohl das Keuchen des 70 PS starken Bullis mir selbst ein wenig weh tut, ist der steile Weg hinauf zum Denkmal schon sehenswert. Uralte Baumriesen und Lianen säumen die sich entlang der schlängelnden Straße, die nach einigen Höhenmetern auf einem von Touristen überfluteten Plateau endet. Mein erster Blick gilt dem Eiswagen der dritten Transporter-Generation. Ein Eis und ein Kaffee später erzählt der

Leckeres aus dem T3

Leckeres aus dem T3

Verkäufer stolz, dass er hier im Sommer eine feste Institution ist. Das kann man getrost glauben, wenn man die Herrscharen von Besuchern beobachtet, die hier oben allein während unseres Gesprächs eintreffen. Diese Autovariante verbindet ja bekanntermaßen, und so zeige ich, wie aus etlichen Filmen in Sachen Diebstahlprophylaxe gelernt, auf meinen Bulli und bitte ihn darauf einen Blick zu werfen während wir weiter hinaufsteigen. Nach einem kleinen Fußmarsch erreichen wir das Monument und sind von der weitläufigen Aussicht auf das Norddeutsche Tiefland, sowie das Wesergebirge restlos begeistert. Endlich der freie Blick von oben auf dieses Gewässer, dass uns in den letzten Stunden den Weg geleitet hat. Während die Kinder noch dem Kaiser über den Schuh klettern, hält uns die

Höher gehts kaum – Blick über das Tor Westfalens

Faszinantion dieses Ausblickes und der Gedanke an die vielen geschichtsträchtigen Ereignisse rund um die Weser weiter im Griff.

Kulturell gesättigt besteigen wir den Van und schieben uns weiter durch die Städte Minden, Petershagen und Verden. Die Industrie schwindet auf dieser Strecke vorerst und so ebnen uns Windmühlen, grüne Weserauen und grosse Kuhherden den Weg nach Bremen.
Die Warnungen einer Bekannten vor den Ausmaßen dieser Stadt ignorierend, ermutige ich die Kinder, dass der nächstes Etappenziel

Auf der Fähre zur Juliusplate

Auf der Fähre zur Juliusplate

gleich hinter der Hansestadt liegt. Nach ca. 60 Minuten Stadtfahrt ist das Lächeln über das baldige Erreichen des Platzes gegen eine traurigen Sehnsucht nach freiem Grünland getauscht. Fast schon verzweifelt über diesen schier unendlich scheinenden Großstadtdschungel, stehen wir auf einmal auf einer grossen Fähre, die uns von einem Moemnt auf den anderen in eine andere Welt geleitet. Der Campingplatz Juliusplate ist wunderschön inmitten der Natur gelegen und bringt allen Beteligten den erwünschten Gemütszustand zurück. “Hier werde Ruhe großgeschrieben!” erzählt die Pächterin beim Einchecken und ich kann mich des Gedankens an eine erholsame Nacht nicht erwähren. Unser Lager inkl. Fritz-Berger-Tempel ist schneller aufgebaut als am Vortag und der Besuch des nahen Weserstrandes lässt die zurückliegenden Strapazen hinter uns. Hier kann auch der Dackel endlich frei seine kleinen Beine durch den Sand bewegen und die Schnauze zur Abkühlung in den

Der erste Spaziergang am Weserstrand

Der erste Spaziergang am Weserstrand

Fluss eintauchen. Am Zelt angekommen verfolgen wir noch die Bemühungen des Nachbarn per Satellit den Eurovision Song Contest einzufangen, als wir schließlich unter der nächtlichen Silhouette des angrenzenden Leuchtfeuers, der darum flatternden Fledermäuse und der weihnachtsbaumartigen Beleuchtung der gegenüberliegenden Industrie sanft einschlafen.

Am nächsten Morgen werden wir durch sanfte Sonnenstrahlen geweckt, die sich ihren Weg durch die Fenster unserer Zweiraumwohnung bahnen. Das morgendliche Gassigehen übernehme ich gerne, denn der Strandabschnitt lockt bei dem Wetter ungemein. Hund Charly dreht vergnügt seine Runden und knabbert noch ein

Ein faszinierendes Gefährt in der Nachbarschaft

Ein faszinierendes Gefährt in der Nachbarschaft

wenig an totem Flussgetier. Meine Blicke indes verfolgen die naheliegende Fähre, die im frühen Tageslicht irgendwie romantisch daherschippert. Beim Brötchenholen treffe ich dann noch Rainer, der mit seinem Liegerad-Tool (Fahhrad und Zelt in einem) ebenfalls die Weser abfährt und nach dem Tod seiner Frau so versucht wieder ins Leben zurückzufinden – Roadmovie-Typen eben!
Frisch gestärkt und nach einer ersten Dusche verlassen wir das Camp in dem wir gerne auch noch geblieben wären in Richtung Endstation.

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Hier geht es zu Teil 3

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