Mitten im Schanzenviertel – Das 1. Arena Bulli Summer Camp im Vogtland
Auf einmal ist es da, das Wochenende an dem unsere erste offiziell gebuchte Veranstaltung in Zeiten von Corona ansteht. Das 1. Arena Bulli Summer Camp im Vogtland hat gerufen und wir werden uns auf die Reise machen. Wie wird es sein nach Zeiten so langer Abstinez wieder ein Treffen anzusteuern? Was hat Corona aus so einem Happening gemacht? Wie kommt unsere kleine Tochter Ida mit der langen Fahrt zurecht und was ist das für ein Landstrich im Südwesten des Freistaats Sachsen, der zum Mekka der Bulli-Fans werden wird? Fragen denen wir nachfahren.
Der Routenplaner brechnet eine Strecke mit 350 Kilometern. Damit ist für uns eine magische Zahl durchbrochen. Schon in Schweden haben wir uns um Ida das Reisen ein wenig angenehmer zu gestalten täglich ein Maximum von 200 Kilometern gesetzt. Das schont die Nerven ungemein und auch körperlich reicht das vollkommen für uns Erwachsene. Aber an diesem Wochenende geht es nicht anders wir müssen alles an einem Stück abfahren. Die Sonne brennt unermüdlich auf unser Blechdach und bei Außentemperaturen von 32 Grad im Schatten kommen wir trotz geöffneter Fenster ganz schön an unsere Grenzen. Als wir so durch das versengte Land an der A38 fahren, die Grillen
zirpen und der warme Wind mir durch das Resthaar weht, werde ich an die Taxifahrten auf Kreta vom Flughafen zum Hotel in meiner Kindheit erinnert. Damals als Klimaanlagen in Autos noch die Ausnahme waren und der Fahrer die Fenster aufriss um uns bleiche Touristen zu kühlen, aber auch um seine griechischen Folklore-Hits aus dem Radio nach Draußen zu tragen. Nicht die schlechteste Erinnerung, zumindest hat sie
mit Urlaub zu tun und so wollen wir dieses Wochenende auch irgendwie angehen. Ich habe übrigens noch nie an einer Strecke so viele Windräder stehen sehen. Das wir immer noch Atomkraftwerke am laufen haben wundert mich bei der Menge doch sehr. Noch ein wenig Länder-Hopping durch Thürigen, Sachsen-Anhalt und Sachsen, dann heisst es die Bahn verlassen und Richtung tschechische Grenze. Am Horizont erblicken wir immer satter werdendes Grün. Der Naturpark Erzgebirge/Vogtland mit seiner ca. 120 km Ost-West-Ausdehnung öffnet sich vor uns und verlangt Bruno die ein oder andere Steigung ab. Das Auto macht das gut, aber das Kind macht es besser, denn fünf Stunden
stillsitzen und so eine Geduld an den Tag zu legen ist schon eine tolle Leistung, meine Ida! Ca. 30 Kilometer vor dem Ziel mache ich fast schlapp. Das Fahrerhaus steht seit Stunden unter praller Sonne und ich fühle mich tatsächlich einer Ohmacht so nahe wie schon lange nicht mehr. Die Fahrt durch den Wald des Naturparks verschafft leichte Linderung, vermag aber meinen fast 50 Jahre alten Motor aus Fleisch und Blut kaum herunterzufahren. Endlich Ankunft. Der Standort des Camps hat auf den ersten Blick, was Beschaffenheit des Bodens und Lage betrifft, Schützenplatz-Charakter. Fester Kalk-Schotter ist der Untergrund auf dem sich die ca. 120 angekündigten Bullis ansiedeln werden. “Könnte irgendwie schöner sein!”, denken wir auf den ersten Blick und werden von einem Quad des Veranstalters zu unserem Platz geleitet. In der ersten Reihe parken wir das rollende Haus
und sind gespannt was uns hier so auf dem “Präsentierteller” erwartet. Beeindruckend der Blick nach oben auf den Schwarzberg, der mit seiner 140 Meter hohen Weltcup-Schanze über uns zu wachen scheint. Doch so richtig Stimmung mag noch nicht aufkommen. Unsere
Körper und das Gemüt sind einfach noch zu überhitzt. Wir haben beim Abbiegen auf das Gelände einen kleinen See gesehen in dem gebadet wurde. Schnell Badesachen gepackt und losmarschiert! Ich komme mir vor wie ein glühendes Hufeisen, welches durch das Eintauchen ins kalte Wasser seine Finalform erreicht, als mein Körper in den Brunndöbra-See hinabgleitet. Auch Ida uns Bine ist anzusehen wie sehr dieser Moment von uns allen gebraucht wurde. Sichtlich besser gelaunt tingeln wir wieder zum Platz. Es haben sich mittlwerweile noch mehr Transporter eingefunden und ergeben ein ansehnliches Bild hier unterhalb der Schanze. Während im Bade-Outfit der Grill angeschmissen wird, interviewt und fotografiert uns ein Lokaljournalist. Multitasking nennt sich
das wohl. Macht aber auch irgendwie Spaß, denn einem Außenstehenden einmal zu erklären warum man sich für diese Art zu Reisen entschieden hat, kommt einer Missionierung schon zeimlich nah. Es bleibt sehr warm, aber das passt jetzt, denn als die Band “Leander und der Andere” loslegen kommt richtige Urlaubsstimmung auf. Die chillige Musik der Beiden, die zu einem Großteil aus wunderbar arrangierten Coverversionen besteht macht einfach gute Laune. Der Platz ganz vorne kommt uns jetzt auch zu Gute, denn die Bühne ist wunderbar vom Bulli aus zu sehen. Die erste Reihe ist also doch besser als anfänglich gedacht. Der Wahnsinn da Draußen scheint für ein paar Stunden ausgeblendet. Apropos, von Teilnehmerseite wird sich Größtenteils an die Abstandsregeln gehalten, wobei Masken eher die Ausnahme sind. Aus sicherer Entfernung lässt sich ja auch diskutieren. Felix aus Gifhorn kommt zu uns. Er meint er wäre durch uns erst auf dieses Event aufmerksam geworden und hätte noch
Interesse an ein paar Aufklebern aus unserem Shop. Auch Oliver aus Dortmund hatte schon online bei uns gekauft und so entwickeln sich an diesem wunderschönen Abend noch ein paar tolle Gespräche mit Gleichgesinnten hier im Schanzenviertel. Ida hält lange durch und schläft dann, während die Band noch spielt auf dem Arm von Bine ein. Ein schöner Anblick, der einlädt es ihr gleichzutun.
Den Brötchenservice des Veranstalters haben
wir am diesem Morgen nicht genutzt. Wie so oft liefert der Omnia die nötigen Semmeln für das Frühstück und Kraft für den neuen Tag. Doch schon jetzt so früh am Morgen hat sich das sonnige Wetter verabschiedet und lässt dem Regen Vorrang. Es giesst wie aus Eimern und auch die Temperatur ist gleich mal um zehn Grad gefallen. Für
uns als Eltern eine echte Herausforderung, denn Ida liebt es im Regen und im Matsch zu spielen. “Ach, wenn wir doch alle so wären wie Kinder! Für die gibt es einfach kein schlechtes Wetter!”, höre ich die vorbeischlendernden Damen älteren Semesters sagen, während ich versuche unsere Ausrüstung unter die Markise zu retten. Auf dem Platz versammeln sich viele Bullis um an der Ausfahrt teilzunehmen. Ganze sechs Stunden sind angesetzt um den Van-Fahrern die Attraktionen und Landschaften hier in der Umgebung näher zu bringen. Für viele Fahrer die perfekte Beschäftigung bei dem Wetter, für uns mehr Aufwand als alles andere, denn bis wir alles abfahrbereit hätten wäre der Rest wahrscheinlich schon wieder zurück gewesen. Im Hüttendorf nebenan ist heute großer Floh- und Kreativmarkt. Wir packen uns in Plastik und schlendern durch die Buden, die prall gefüllt mit selbstgenähten und gebastelten Dingen sind. Auch Workshops für Groß und Klein finden sich im Angebot
und erfahren bei dem Wetter rege Teilnahme. Schön gemacht und eine tolle Idee, die für ein wenig Abwechslung sorgt. Fun Fact am Rande:
Durch das Aufhängen der nassen Sachen rund um unsere
Markise scheinen wir auch wie ein Flohmarktstand zu wirken und werden gefragt ob Idas Kinderwagen zu verkaufen sei. Wir kommen uns am diesem Samstag eh vor wie ein lebendiges Ausstellungsstück zum Thema Vanlife. Aber so ist das nun mal in der ersten Reihe. Sehen wir es als eine Art Bekehrung der Nicht-Mobil-Schläfer. Der Mittagshunger wird mit einem Burger gestillt. Sehr lecker und eine von vielen Möglichkeiten hier dem Knurren des Magens entgegenzuwirken. Als der Regen dann am Nachmittag
nachlässt erkunden wir die Schanze ein wenig. Im Auslauf haben die Veranstalter eine große Hüpfburg und eine Wasserrutschbahn aufgebaut. Für die sogenannte “WieLi” Erlebnisbahn hat jeder Teilnehmer des Camps eine Freikarte erhalten. Wir lassen uns die 300 Meter lange Strecke hinauf zum Schanzenzentrum ziehen, bis es dann auf einer 500 Meter langen Abfahrt wieder langsam nach unten geht . Ein beeindruckendes Gelände da unter uns und vom Veranstalter
nicht zuviel versprochen. Ich kriege tatsächlich Lust so einem Skisprung-Cup als Besucher
einmal beizuwohnen. Die Arena kann bis zu 33.000 Gäste fassen und bietet bestimmt bei einer solchen Veranstaltung ein unvergessliches Erlebnis. Aber an Skifahren wollen wir noch nicht denken. Die Sonne versucht sich wieder durchzukämpfen und gibt mir den Startschuss die teilnehmenden Bullis genauer zu betrachten. Es sind aus allen Generationen schöne Exemplare mit dabei. Sogar aus Luxemburg sind Liebhaber angereist, vor dessen Kilometer-Leistung ich dann doch den Hut ziehen muss. Es ist wirklich schön hier im Bulli Summer Camp. Unsere anfängliche Skepsis ist Begeisterung gewichen, denn solide organsiert und die Lage ist tatsächlich einmalig. Wir gönnen uns noch einen selbstgemachten Tortellini-Auflauf und lauschen der Rockabilly-Band auf der Bühne. So lässt es sich aushalten!
Das Wetter am Sonntag ist genau richtig für die Heimreise. Und während ich dem summenden JX-Aggregat von Bruno lausche, zolle ich innerlich den Veranstaltern Respekt. Denn in diesen schweren Zeiten so ein klasse Event auf die Beine zu stellen ist schon großartig. Wir haben unsere 700 Kilometer dann am Ende ohne weitere Zwischenfälle abgespult und sind um viele neue Bekanntschaften sowie Eindrücke aus der Szene reicher. So kann es irgendwie weitergehen. Mach Dich weg Corona und lasst uns wieder zusammen frei sein!