Hexentanz, Riesensprung und Teufelswerk – Mystik-Tour durch den Harz
Seit 2017 in der Schublade, nun endlich eingelöst: Die Tour im blauen Backstein durch die Mythen- und Sagenwelt des Harz. Es liegt so nah und doch haben wir es all die Jahre nicht geschafft, einen Termin für diese besondere Reise in “unser” Mittelgebirge zu fixen. Life is ab Bitch, oder sollte ich besser sagen “Witch”? Denn wie von Zauberhand lag es da, das freie Wochende im Familien-Kalender.
Tag 1: Unser blecherner Hexenbesen macht sich mit uns auf den mühseilgen Weg um knapp 1400 Höhenmeter hinauf und auch wieder hinunter zu fegen. Ich habe bei solchen Steigungen ja immer Mitleid mit dem Auto, kann mich aber schnell damit trösten, dass es genau für solche Transporte gebaut wurde. Und er macht das wirklich gut. Steigungen von bis zu 14%, lassen zwar immer noch einen Stau hinter uns entstehen, aber schneller als ein Traktor sind wir allemal. Bis Braunlage kennen wir die Strecke quasi im Schlaf, aber als es dann in Richtung Sorge durch Sachsen-Anhalt geht, wird es mit der Ortskenntnis schon recht knapp. Doch genau so soll es ja auch sein – “Unbekanntes” Terrain lockt eben am meisten. Während Tochter Ida damit beschäftigt ist wie eine Jukebox mit Flatrate auf der Rückbank zu trällern, genießen
wir in der ersten Reihe die Show die uns dieser Naturpark bietet. Stau-Seen, blühende Bergwiesen, dichte Wälder gefolgt von notwendigem Kahlschlag und der einhergehenden Holzernte. Die Temperatur pendelt sich bei wohligen 26 Grad im Schatten ein. Zeit für eine Abkühlung. Da passt der erste geplante Stop am Königshütter Wasserfall perfekt. Mit vier Parkplätzen für normale PKWs ein bißchen knapp bemessen, stellen wir uns in den Ort und marschieren einfach an der Kalten Bode entlang zur 1994 künstlich angelegten Kaskade. Das hier Menschenhand am Werk war, sieht man erst auf den zweiten Blick. Fast tropisch, wie sich das Wasser auf den mit Moos bewachsenen Steinen über eine Höhe von 16 Metern den Hang hinabschlängelt. Ein kleines Naturparadies und die perfekte Abkühlung für heisse Kinderfüßchen. Zurück im Bus, machen wir uns
auf nach Rübeland. Ein markanter Ortsname, der wohl vom Wort Rovesland, was soviel wie Räuberland aber auch raues Land bedeutet, abzuleiten ist. Nicht nur der Name ist außergewöhnlich sondern auch seine märchenhafte Lage, die umrahmt von schroff aufsteigenden Felswänden, im Tal der Bode ihresgleichen sucht. Rübeland ist aber auch oder in erster Linie für seine Höhlen bekannt. Während die Baumannshöhle den Titel als ältestes Schauhöhle Deutschlands inne hat, ist in der Hermannshöhle die einzige Grottenolmpopulation des Landes beheimatet. Der Grottenolm ist ein nackt, blind und aalformig anmutender Schwanzlurch, dessen natürliches Verbreitungsgebiet östlich der Adria zu finden ist. Die Olme in Rübeland sind Importe aus den 30er und 50er Jahren, die zu Schauzwecken in einem künstlichen Höhlengewässer, dem sog. Olmensee, ausgesetzt wurden und fühlen sich seitdem dort pudelwohl. Wir sind gespannt, ob wir einen von diesen bis zu 70 Jahre alt werdenden Tierchen zu Gesicht bekommen und
begeben uns zum Höhleneingang. Wie aus einer Klimaanalage schiesst uns die kalte Luft aus der Tiefe entgegen. Eine weitere, willkommene Abkühlung, der wir an diesem Vormittag noch ganz auf eigene Faust auf den Grund gehen können. Zögerlich betritt Ida die Grotte, ist aber schnell im Entdeckermodus. Faszinierende Felsformationen und schimmernde Tropfsteine weisen uns den Weg immer tiefer in das Herz der Berges. Da, vor uns flattert doch was! Eine kleine Fledermaus zeigt sich uns und lässt Ida mit einem gekonnten Flugmannöver entzückt zurück. Was für ein Erlebnis. Leider haben wir bei den Grottenolmen weniger Glück, denn die mögen es so dunkel, dass unsere Augen sie im Wasser nicht erfassen können. Macht nichts, das Skelett eines
Höhlenbären ist ebenso beeindruckend und weist uns mit erhobenen, knöchernen Tatzen den Weg hinaus ins warme Licht. Der “Blauer See” wartet quasi um die Ecke. Das Gewässer ist durch den Abbau von Kalkstein seit dem Jahr 1885 auf diesem Gebiet entstanden. Er ist je nach Wasserführung bis zu 15 Meter tief und wird durch mehrere Karstquellen gespeist. Seine türkisblaue Färbung verdankt der See dem hohen Kalkgehalt. Das Wasser aus dem Karst trägt Kalziumkarbonat mit sich, das Schwebstoffe und Algen bindet, die dann zu Boden als Kalkschlammschicht absinken. Sauberes, nährstoffarmes Wasser ist die Folge, das die blauen Anteile des
Sonnenlichtes reflektiert. Eigentlich verändert der See durch die starke Zunahme von Schwebeteilchen erst im Sommer seine Farbe von Blau zu Grün. Das warme Wetter der Vorwochen hat diesen Effekt leider schon etwas vorgezogen, so dass wir nur die grüne Variante zu Gesicht bekommen. Schade, aber eine Augenweide ist er trotzdem.
Aufgepasst, der Zugang ist von den meisten Seiten her eher beschwerlich wurde aber für Ida mit hunderten von Kaulquappen und jeder Menge Molche belohnt. Wir sind durch die Hitze ein wenig geschlaucht als wir den Weg zurück zum Bus antreten und benötigen dringend einen Platz an dem wir
uns alle ausruhen können. Klostercamping-Thale soll ab jetzt für drei Nächte diesen Zweck erfüllen. Das Ziel ist schnell erreicht und während ich einchecke lässt Ida es sich bei einem Eis aus der Kühltruhe der Rezeption gut gehen. Der Stellplatz ist direkt an dem Fluß “Bode” unter einigen imposanten Bäumen gelegen. Schade nur, dass wir unsere Hängematte im heimischen Garten gelassen haben. Nächstes Mal! Der Schatten passt, die Mücken durch das stehende Wasser im Mühlengraben nebenan weniger. Einen Spritzer Anti-Brumm, gekühlte Getränke und Würstchen vom Skotti-Grill lassen die kleinen Blutsauger dann wieder nebensächlicher erscheinen. Der Campingplatz insgesamt ist sehr gepflegt und die sanitären Anlagen auf dem neuesten Stand. Hier kann man es aushalten. Das laute Rauschen der wilden Bode irritiert in der Nacht ein wenig. Man meint fast vom Geräusch her eine Klimaanlage im Bus zu haben. Schöner letzter Gedanke bis jeder in seiner Ecke völlig erschöpft in sagenhaften Träumen versinkt.
Tag 2: Ida ist schon früh wach. Wahrscheinlich verlangt ihr Geist schnell nach neuen Abenteuern. Die soll sie bekommen, doch erstmal ist Frühstück angesagt. Wie ich finde einer der schönsten Momente an einem Camping-Tag. Alle sind entspannt, weil ausgeruht und begrüssen mit einem Schluck aus der Kaffee-Tasse den neuen Tag. Laut Wetter-App müssen wir uns allerdings doch ein wenig sputen, wenn wir unseren Plan für heute umsetzen wollen. Zum Nachmittag ist eine Gewitterwarnung herausgegeben worden, nach der ein Aufenthalt im Freien nicht zu empfehlen ist. Einen kleinen Vorgeschmack bekommen wir prompt geliefert. Ein kurzer aber wuchtiger Sturm schiebt eine Staubwolke über uns
hinweg und bringt Teile des Equipments zu Fall. Kurz nach diesem Entree folgt ein Besuch von den Campingplatz-Betreibern, die uns ans Herz legen das Areal hier unter den Bäumen zu verlassen. Die Umquartierung verläuft problemlos kostet allerdings wieder Entdecker-Zeit. Nachdem alles an seinem neuen Platz ist, schwingen wir uns auf den Sattel der Fahrräder und fahren zu den Seilbahnen von Thale. Mit hohem Puls erreichen wir gegen Mittag die Freizeitwelt die sich am Fuße dieser Sehenswürdigkeiten niedergelassen hat. Wie in einem Vergnügungspark wird hier auf der sogenannten Spassinsel eigentlich alles angeboten was Kinderherzen höher schlagen lässt. Vergnügungsbahn, Wasserkarussell, Bumper-Boote, Trampolin und vieles mehr lenken aber eher ein wenig ab von der wunderbaren, einzigartigen Natur die uns hier umgibt. Mit dem Versprechen an Ida nachher eines dieser Attraktionen nochmal aufzusuchen, begeben wir uns zunächst mit der
Gondel 245 Meter höher zum Hexentanzplatz. Meine Akrophobie wird durch den durchsichtigen Boden der Kabine ein wenig geschürt, erfährt aber aufgrund der atemberaubenden Aussicht während der Fahrt genug Milderung. Ida, meint dort draußen würden bestimmt Dinos wohnen. Das können wir vom Denkansatz voll bestätigen. Man kommt sich vor wie in einem Hubschrauber, der seine Runden über die vergessene Welt aus dem Film Jurassic Park zieht. Auch nach dem Ausstieg auf 428 Meter über dem Meeresspiegel kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Blick in das Bodetal ist mehr als beeindruckend. Laut Sage soll hier oben vor langer Zeit die Hexe Watelind gelebt haben, die mit ihren höllischen Zauberkünsten zur Oberhexe aufstieg und auf diesem Platz neben mystischen Tänzen auch Versammlungen mit ihrer Zunft vollzog. Watelinds Vorliebe war es fromme Jungfrauen vom Weg der Tugend abzubringen um sie ebenfalls zu Hexen zu machen. Bei Hilda jedoch geriet sie an die Falsche. Die liebliche Jungfrau
aus Thale wollte Kräuter suchen, die ihren Liebsten für immer an sie binden würden und hielt sich wegen der Kraft des Mondscheins über diese Heilpflanzen noch zu später Stunde im Wald auf. Als sie von Watelind in Gestalt einer Katze auf den Hextanzplatz, also dem Zauberkreis der Oberhexe, gelockt wurde, verhalf Hildas Ruf um die Hilfe Jesu sich vom Bann zu lösen. Watelind hingegen wurde unter Blitz und Donner von unsichtbarer Hand gepackt und gegen einen Felsen geschleudert, der heute noch den Namen Hexengroßmutter trägt. Eine tolle Geschichte, die hier oben zum alljährlichen Walpurgisfest perfekt mit eingebunden werden kann. Die Walpurgishalle ist übrigens nur unweit vom Platz zu finden. Den Giebel des 1901 errichteten Museumsgebäudes krönt das Haupt des einäugigen Göttervaters Wotan (aka Odin), flankiert von den
Raben Hugin und Munin und den Wölfen Geri und Frecki. Mich hat das Konterfei und der altgermanische Baustil der Halle sofort gepackt. Im Inneren konnte ich dann u.a. fünf große Wandgemälde mit Motiven aus Goethes Faust und anderen Walpurgissagen gemalt von Hermann Hendrich bestaunen. Eine Welt in die man sich wriklich hineinziehen lassen kann. Der im Eingangsbereich befindliche und am nahe gelegenen Sachsenwall gefundene Opferstein, ist die Krönung dieser Mischung aus Lebens- und Glaubenswelt vergangener Zeiten. Zurück im Tal geht es gleich wieder 244 Meter Bergauf. Diesmal per Sessellift hoch zur Rosstrappe, ein 403 m ü. NHN hoher Granitfels über dem Bodetal, den wir erkunden wollen. Ida macht sich mit ihren drei Jahren recht gut was die Wanderungen zu den Aussichtspunkten anbelangt, scheint aber so langsam an ihre Grenzen zu kommen. Dennoch schaffen wir es ohne große Zwischenfälle nach rund einem Kilometer über recht
steinige Wege bis an die Kante der Klippen. Besonderes Highlight ist ein im Durchmesser ca. 50 cm grosser Felseindruck in Hufform, um den sich eine weitere phantastische Geschichte rankt. So war es die bildschöne Königstochter Brunhilde, die auf ihrem Pferd vor dem Riesen Bodo floh, der ihr den Hof machen wollte. Kreuz und quer durchs Gebirge schien die Verfolgungsjagd am Hexentanzplatz zu enden, doch Brunhilde nahm allen Mut zusammen, gab ihrem Roß die Sporen und sprang über das Tal hinweg bis auf die gegenüberliegenden Felsen. Dort hinterließ der Aufprall des Pferdehufes einen tiefen Abdruck im Gestein. Der Landungs-Felsen erhielt deswegen den Namen “Rosstrappe” und der Abdruck des Hufeisens kann eben heute noch in Form dieser Senkung bestaunt werden. Bei ihrem waghalsigen Sprung über die tiefe Felsschlucht verlor die Prinzessin jedoch ihrer goldene Krone. Bodo hingegen war mit seinem Pferd zu schwer für diesen Sprung und fiel tief hinab in den
Fluß, der seitdem in Anlehung an den Namen des Riesen zur Bode wurde. In einen schwarzen Hund verwandelt soll Bodo bis auf den heutigen Tag im dortigen Kronensumpf die Krone der Prinzessin bewachen. Viele Taucher versuchten sich seinerzeit in der Bergung. Doch keinem gelang dieses Meisterstück, denn stets war die Krone so schwer, dass sie kaum an der Oberfläche angekommen, wieder zu Boden sank. Wer sein Glück ein drittes Mal versuchte, wurde von Bodo in der Tiefe zerissen, so dass fontänenartig sein Blut emporschoß und die Bode rot färbte. Diese Sage kindgerecht abgeändert war übrigens Teil einer Motivationskampagne für unsere Tochter im Vorfeld um sich wandernd fortzubewegen. Nachdem sie das Corpus Delicti, das einer Theorie zufolge auch ein germanisches Opferbecken sein könnte, nun erblickt hatte, wichen urplötzlich alle Kräfte und ich durfte mit 14 kg Mensch auf dem Arm schwitzend den Rückweg antreten. Im Tal auf dem Trampolin der Spassinsel konnte das Kind dann wieder wie durch Zauberhand Luftsprünge veranstalten. Ein Blick auf die Uhr und Wetter-App geben das Startsignal zum Campingplatz zurückzukehren. Schnell noch ein wenig vom Grill, dann setzen auch schon die ersten Regenschauer ein. Völlig erschlagen vom Tag und den vielen Geschichten begeben wir uns dann in unsere Betten. Ein Unwetter konnten wir in der Nacht nicht ausmachen. Vielleicht Hexerei, vielleicht aber einfach nur Dusel. Geschlafen haben wir jedenfalls felsenfest bis prinzessinnenhaft.
Tag 3: Die Sonne küsst uns durch die Schlitze der Van-Gardinen wach. Heute lassen wir es bei gutem Wetter einmal gemütlicher angehen. Frühstücken, Franzbrötchen backen, Steinburgen bauen und auf dem Spielplatz herumtollen. Zwischendurch erkunde ich die Umgebung rund um das ehemalige Kloster Wendhusen an dem der Platz gelegen ist. Die Abtei ist die älteste auf dem Gebiet des heutigen Landes Sachsen-Anhalt. Enge Gassen und alte Baumbestände geben der Gegend ein uriges Flair. Teilweise habe ich sogar das Gefühl im mediterranen Raum unterwegs zu sein. Aber wir sind mitten im Harz und wollen auch an diesem Tag noch etwas sagenhaftes erleben. Heute steht die Fahrt zur Teufelsmauer an.
Glänzend von Sonnenmilch geht es los per Rad auf den mit kleinen
Findlingen gepflasterten Wegen. Schön anzuschauen aber umso schlechter mit dem Rad zu fahren mühen wir uns über die ersten Höhenmeter auf diesem Straßenbelag in Richtung Naturdenkmal. Ordentlich durchgerüttelt erreichen wir dann endlich unser Tagesziel. Nur noch den schmalen Weg bei küstenähnlichem Wind hinauf und wir stehen mitten auf der Teufelsmauer, jener imposanten Sandstein-
Felsformation, die auf etwa 20 km Länge von Ballenstedt über Rieder und Weddersleben bis nach Blankenburg im Harz verläuft. Das Monument ist durch die bis zur Kreidezeit andauernde Heraushebung des Harzes
entstanden. Die damaligen Schichten, bestehend aus tonig-kalkigen Elementen und festerem Sandstein wurden im Zuge der Dynamik steil gestellt oder sogar übergekippt. Nachdem sich die weicheren Gesteinspartien im Laufe der Zeit abgetragen haben blieb nur noch das härtere Segment übrig, dass sich jetzt mit bis zu 20 Metern Fels-Höhe über die Landschaft erstreckt. Um die Felsen herum ist nur Sandboden zu finden, auf dem sich oft Silbergras angesiedelt hat, das man vor allem aus den Dünen in Meernähe kennt. Bei einem Blick nach unten ist Ida vom Wasser angetan, dass sie glaubt erspäht zu haben. Kornfelder im Wind können einem optisch durchaus schon mal so vorkommen. Für die Menschen in grauer Vorzeit muss dieses Gebilde wie auch auf uns mächtig Eindruck gemacht haben. Daher vielleicht auch eine der Sagen über die Entstehung der Teufelsmauer, die quasi das Produkt aus einer Wette zwischen Gott und dem Teufel war. Als sich die beiden die Welt auch geografisch noch aufteilten, wurde vereinbart, dass dem Teufel all das Land gehören sollte, welches er in einer Nacht bis zum ersten Hahnenschrei mit einer Mauer umbauen konnte. Zum Einbruch der Dunkelheit als der Teufel sein Bauwerk begann, war eine alte Frau
unterwegs, die auf dem Markt einen Hahn verkaufen wollte. Sie stolperte und der Hahn erschrak sich dabei und begann zu krähen. Der Teufel hörte dies und dachte, daß seine Zeit schon um sei und riß vor lauter Wut die Teufelsmauer wieder ein. Die Reste kann man bis zum heutigen Tag bewundern. Ob Gott dabei ein wenig nachgeholfen hat, ist nicht überliefert. Fest steht jedoch, dass ein Besuch der Teufelsmauer zum Pflichtermin werden sollte, wenn man in der Gegend ist. Wir verabschieden uns von diesem göttlichen Stück Teufelswerk um ein weiteres Mal die inneren Organe im Takt der Pflastersteine wabern zu lassen. Nach einer erholsamen Dusche und einem dicken Stück Pizza-Calzone aus dem Omnia-Ofen endet auch schon der letzte Tag hier auf dem Campingplatz in Thale.
Tag 4: Immer wenn es am schönsten ist muss man gehen. So auch an diesem Sonntagmorgen eines mystischen Wochenendes im Harz. Nur noch alles schnell verpacken und dann mit dem Bus zur Endstation dieser Reise. Die großen Sandhöhlen im Heers, ein echtes Harzer Kulturdenkmal sollen es sein. Nach einer halben Stunde Fahrt erreichen wir bereits den prall gefüllten Parkplatz von dem aus man auch Burg Regenstein erwandern kann. Ida wird in den Fahrradanhänger verfrachtet um unnötigem Zetern wegen müder Beine vorzubeugen. Der Weg beginnt recht simpel wird jedoch durch Wurzelwerk und Treppenstufen für den Schiebenden zur temporären Herausforderung. Aber wir schaffen es durch diesen herrlichen, lichtdurchfluteten Laub-und Kiefernwald hindurch die Höhlen zu finden. Vor uns öffnet sich eine mit weissem Sand durchsetzte, tiefliegende Fläche an deren Flanken sich helle, durchhöhlte
Felsen erstrecken. Wieder einer von diesen Aha-Momenten des Wochenendes. Ida kann es kaum erwarten auf den Felsen herumzuklettern und die Grotten zu durchsuchen. Überall sind Zeichen, Namenskürzel und Muster eingeritzt, die uns zeigen wie frequentiert dieser Ort sein muss. Geschichtlich gesehen wird vermutet, dass sich hier in frühgeschichtlicher Zeit ein germanischer Thingplatz, also eine historische Stätte, wo Volks- und Gerichtsversammlungen nach dem alten germanischen Recht abgehalten wurden, befunden hat. Abgebaut wurde der sehr feine Quarzsand auch um früher als Scheuer- sowie als Streusand zur Reinigung von Dielenböden eingesetzt zu werden. Dieser Abbau und das Verewigen der Touristen hat neben der natürlichen Verwitterung immens am
Erscheinungsbild gearbeitet. Das was die Natur in 80 Millionen Jahren hat entstehen lassen wurde und wird leider immer weiter dem Erdboden gleichgemacht. Man kann nur hoffen, dass hier die offiziellen Stellen bald eingreifen und diese einzigartigen Sandsteinformationen als besonders schützenswert einstufen. Was für ein schöner Ort! Doch wir müssen leider wieder nach Hause und wandern zurück auf Pfaden, die uns mit Sicherheit noch so viel mehr Geschichten erzählen könnten. Ich für meinen Teil nehme echte Ehrfurcht mit auf den Heimweg. Ehrfurcht vor der Natur und vor der Vergangenheit. Das ist echte geologische als auch kulturelle Geschichte. Unsere Geschichte, die es zu schützen lohnt und die weitererzählt werden sollte. Einen kleinen Teil davon habe ich hiermit erfüllt, der andere obliegt uns allen. Ich schliesse diese Reportage mit einem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe, das da lautet: “Die Natur ist so, daß die Dreieinigkeit sie nicht besser machen könnte. Es ist eine Orgel, auf der unser Herrgott spielt, und der Teufel tritt die Bälge dazu.”
Klicktipps zum Thema:
- Wer sich für diese und weitere ortsgebundene Sagen aus der Gegend interessiert, dem sei das Buch “Harz und Kyffhäuser – Sagen & Legenden” aus dem Regionalia Verlag von Mario Junkes ans Herz gelegt.
- Der passende Song des Duos Melanie Mau & Martin Schnella zur Sage um die Rosstrappe lautet “The Horseshoe“. Ein perfekter Soundtrack für die Tour mit Gänsehautgarantie!