Spontanurlaub mit dem Van an der Ostsee
Wenn die Zukunftsprognosen der allgemeinen Wirtschaftslage immer mehr monetäre Opfer verlangen, fällt es schwer sein angespartes Urlaubsgeld beisammen zu halten und den Traum von der Umrundung Dänemarks zu erfüllen. “Einmal im Jahr muss man das Meer gesehen haben!”, sagt mein Kumpel immer. Recht hat er. Wenigstens ein bißchen Zeit für uns an einem anderen Ort. Doch was gibt es nach einem Strandurlaub bei dem die Tagesabläufe sich doch schon sehr ähneln überhaupt zu berichten? Ich möchte ein neues Format ausprobieren – Ein Bericht, der sich aus 10 Behauptungen rund um die Urlaubserinnerungen speist und jeweils am Ende eine Antwort liefert. Viel Spaß bei der Aufklärung.
1. Trotz Camping-Booms sind Spontan-Trips immer möglich!
So viele Menschen von denen man es vorher nie für möglich gehalten hätte, haben das Camping, aber insbesondere das mobile Camping in den Zeiten der coronösen Reisebschränkungen für sich entdeckt. Das spiegelt sich natürlich auch noch dieses Jahr auf den Campingplätzen wider. Als wir uns erst eine Woche vor dem Antritt auf die Suche nach einem freien Platz machen, wird es dementsprechend schwierig. “Ja, wir haben noch für zwei Tage etwas in dem Zeitraum!”, “Drei Tage maximal!”, “Keine Chance! Halt! Moment…”, “Im Anschluss können Sie noch unseren Notplatz nutzen!” oder “Wie wäre es mit dem sich selbstverwaltenden Wohnmobilstellplatz, da könnten Sie Glück haben!”. Mit diesen Antworten konnten wir uns an unserem Wunschziel Grömitz dann doch durchgehend eine Woche in unmittelbarer Strandnähe buchen. Zwar mit ein wenig Platz-Hopping zwischendurch, aber trotz aller Unkenrufe Urlaub am Stück.
2. Im Heidekreis ist man lebensfeindlicher unterwegs als in Tansanina!
Bevor wir jedoch Grömitz ansteuern, wollen wir endlich unsere Karten für den Serengeti-Park in Hodenhagen einlösen. Mit dem Ausblick auf 36 Grad im Schatten kommen uns ab und zu Zweifel, aber Plan ist nun mal Plan. Der Park ist wirklich wunderschön angelegt und es gibt reichlich zu entdecken. Ida kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das Dino-Gelände, die sogenannte Jurassic-Safari beeindruckt sie mächtig, aber die Fahrt in einem Original Florida-Airboat toppt das Ganze. Insbesondere die frechen, von der
Schaukel urinierenden Affenpuppen am Ufer hinterlassen einen bleibenden Eindruck auf die Dreijährige. Eine Tour in einem Doppeldecker-Bus, die über 120 Hektar durch 16 großflächige und naturnahe Freianlagen führt ist der krönende Abschluss des Tages. Zum einen sind es natürlich die vielen, wilden Tiere, aber zum anderen ist es der unklimatisierte Bus, in dem Maskenpflicht herrscht und dessen Türen wegen der Sicherheit meist geschlossen sein müssen. Unsere Körper glühen und sind merklich am Limit. So heiss wird es in der echten Serengeti wohl kaum, die mit einem jährlichen Durchschnitsswert von 28 Grad, um einiges gemäßigter daherkommt.
3. Kühe werden nie heiser!
Nach diesem ersten, schweißtreibenden Abenteuer freuen wir uns auf ein gemütliches Lager inmitten des Aller-Leine-Tals im Süden der Lüneburger Heide. Der 1.500 Einwohner-Ort Ahlden hat einen romantisch gelegenen Campingplatz, der sogar mit eigenem kleinen Badestrand am Ahldener Schloßteich, dem wir sofort nach der Ankunft unserer überhitzten Leiber anvertrauen, ausgestattet ist. Zwischen den Seerosen und dem Geräusch der blökenden Rinder am anderen Ufer kommt ländliche Stimmung auf, die durchaus wohliger Natur ist. Als wir dann zu Abend essen und die Kühe immer noch hören wundert uns das schon
ein wenig. Eine Nachbarin meint, man hätte denen vielleicht erst vor kurzem die Kälber weggenommen. Irgendetwas Gravierendens scheint es auf jeden Fall zu sein, denn auch die ganze Nacht hindurch geben diese Tiere keine Ruhe. Und das mit einer Ausdauer und Klarheit der Stimme von der sich so manch Heavy Metal Sänger eine Scheibe abschneiden kann.
4. Hallo? Ein Norddeutsches Moin vetreibt Kummer und Sorgen!
Endlich kommen wir in Grömitz an. Ein Ort mit dem mich seit meiner Jugend sehr viel verbindet. Hier treffen Erinnerung und Gegenwart aufeinander – Was für ein schönes Gefühl. Der Campingplatz Mare ist sehr gepflegt und bietet mit seinen Parzellen genug
Privatsphäre zum erholen. Man grüßt natürlich wenn man sich auf den vielen Gängen zur Toilette, zum Abwaschen, Duschen oder Müllwegbringen begegnet. Schallt einem ein “Morgen” entgegen, weiss man dass dieser nicht-norddeutsche Besucher erst vor kurzem hier angekommen sein muss und sich noch nicht eingewöhnt hat oder eingewöhnen will. Bei einem Moin, muss man auf die Nuancen achten, denn entweder verbirgt sich dahinter ein Urlauber der sich schon angepasst hat, oder ein Urlauber, der nur wenig Kilometer vom Platz auch zu Hause ist. Auf jeden Fall zaubert mir das kurze Moin immer wieder ein Lächeln ins Gesicht und verrät, dass ich genau richtig bin.
5. Mit dem Kult-Bus hat man immer ein Stein im Brett!
Wenn man dann auch noch mit einem Kult-Auto unterwegs ist, dann kommt ist ein längeres Gespräch mit den den “Anwohnern” garantiert. Zumindest war das unser Eindruck, denn Carsten von Nebenan kam gleich mit ein paar Feiglingen um die Ecke und meinte er würde ja sonst gar keinen Alkohol trinken, aber die müssten langsam mal weg. Olli daneben bot uns bei dem ersten heftigen Regenschauer an, unter seinem Vorzelt Schutz zu suchen und frug ob wir denn als “Instagrammer” auch unser Leben damit finanzieren können. Kontaktaufnahmen, die bei den Zeltcampern oder Wohnmobilfahrern drumherum nach unserer Wahrnehmung nicht stattgefunden haben. Das ehrt uns, aber vor allem auch Bruno ungemein.
6. Auf dem Campingplatz fühlt man sich ständig wie ein geköderter Hai!
Die erste Radtour führte und zum Leuchtturm nach Dahme. Während der Hinweg durch den Rückenwind zu einem Kinderspiel wurde, mussten wir zurück ordentlich in die Pedale treten. So eine harte Fahrt auf dem Deich ist aber in der Regel verkraftbar, denn der Blick auf die Ostsee und der Duft der von den Campingplätzen am Rand der Strecke unsere Nasen kreuzt hat schon was. Zum späten Nachmittag werden eben langsam überall die Grills angefeuert, so dass die aufgelegten Leckerlies einen Duftspur verbreiten, die einer aus Blut im Wasser gleicht und den Haien den rechten Weg weist. Im Urlaub bekommt man sowieso ständig Hunger. Das fängt mit dem Flanieren vorbei an den Restaurants der Stadt an und endet als Camper auf dem Platz dessen Kochgerüche jedem zum echten Raubtier mutieren lassen, dass sofort sein eigenes Opfer zwischen den Zähnen spüren muss .
7. Jeder Toiletten-Gang im Mondschein passiert mit Konzertbegleitung!
Ich war seit meiner Jugend schon immer gern auf Campingplätzen. Das ist heute immer noch so und fast nichts hat sich an diesem Gefühl oder den grundlegenden Abläufen geändert. Aber eben nur fast, denn dass mit dem Alter der Harndrang zunimmt und man auch Nachts die Toiletten aufsuchen muss, war in der Jugend kein Thema. Bei sternklarer Nacht kann so ein Gang auch ein Genuss sein, wenn, ja wenn da nicht dieses Konzert aus Atemgeräuschen über den gesamten Platz hallen würde. In fast jedem Wohnwagen oder Wohnmobil wird gesägt was das Zeug hält. Vielleicht die frische Luft, vielleicht aber auch nur ein internationales Ensemble vibrierender Weichteile von der Nasenspitze bis zu den Stimmbändern.
8. Die Weite ist uninteressant wenn man auf den Boden blicken kann!
Der Strand ist so wie ich ihn in Erinnerung hatte. Heller Sand, kühles Wasser und die Weite des Horizonts. Um diesen zu genießen fahren jährlich Millionen ans Meer, aber viele davon, und dazu gehört auch meine Familie schauen häufiger auf den Boden. Die vielen Steine, Muscheln und anderen Meeresbewohner wollen schließlich auf Sammel-Entdecker-Tauglichkeit gescannt werden. Wahnsinn, wie sehr man sich darauf fixieren kann und die Aussicht dabei total vergisst. Aber es lohnt sich, denn mehrere Hühnergötter und ein kleiner Bernstein, den Ida sogar selbst gefunden hat wandern in unser Erinnerungsglas von diesem für den Geist so wichtigen Urlaub.
9. Hamburg ist ein wahrer Akku-Killer!
Auf dem Rückweg sind wir gut gelaunt. Die Eindrücke präsent und der Sand noch unter den Füßen. Der Akku ist voll und man ist guter Dinge, bis, ja bis man Hamburg passiert. Hier klopft einem als Autofahrer schon von ganz allein der Puls, denn Staus sind hier eigentlich an der Tagesordnung. Es kommt wie es kommen muss: Wir fahren direkt in einen kilometerlangen Stau hinein, der mir persönlich einen Großteil der Erholung der Vortage zunichte macht. Stop an Go auf glühendem Asphalt mit gelangweiltem Kind auf der Rückbank kann zur echten Herausforderung werden. Hamburg, die Perle weiss schon wie sie einen wieder erden kann.
10. Eine Autobahnfahrt kann an eine Steptanznummer von Fred Astaire erinnern!
Das schlimmste überwunden begeben wir uns in eine gleichmäßige Fahrt, die nur von drängelnden Sportwagenfahrern unterbrochen wird. Eintönig, nennt an das wohl, Obwohl so richtig eintönig ist das nicht, denn gerade die mit Betonplatten gebauten Autobahnabschnitte können im Hirn so manch komische Assoziationen hervorrufen. Wenn die Reifen die Rillen der Platten überfahren ensteht ein Rythmus, der mich irgendwie an die alten Steptanzfilme von Fred Astaire oder das Schreibmaschinen-Musikstück von Jerry Lewis erinnert. Vielleicht doch ein Zeichen, dass der Stau bei Hamburg mir nicht alles genommen hat was dieser Urlaub wieder mühevoll aufgebaut hat. Auszeiten sind wichtig, auch wenn sie manchmal unmöglich erscheinen.