Mayday, Mayday – Inmitten der Kultauto-Invasion anlässlich des Maikäfertreffens in Hannover
Ich habe es getan. Nach all den Jahren der Tagesbesuche ohne Bus zog es mich bereits am Vorabend des 41. Maikäfertreffens mit Transporter und sogar im Zweierkonvoi in Richtung Hannover. Doch trotz aller Vorplanung machte mir mein blecherner Gefährte kurz vor dem Start fast noch einen Strich durch die Rechnung.
Nachdem die letzten Nächte frostig waren, ist für den Sprung in den Mai ein Wetterwechsel hin zu höheren Temperaturen und reichlich Sonnenschein angesagt. Während sich die West-Spanier mit 19 Grad begnügen müssen, darf Hannover sich über satte 25 Grad Celsius erfreuen. Beste Voraussetzungen also, um meine Premiere mit Bus auf diesem sagenhaften Event zu vollziehen. Da für mich und viele andere der Saisonauftakt, braucht es ein wenig Anlauf bei der Zusammenstellung des Equipments. Perfekt im Zeitplan habe
ich jedoch einen Tag vor der Abfahrt vom Camping Stuhl bis zur Bierdose alles ordnungsgemäß verstaut. Ein letzter Blick in und unter das Auto soll auch mein Gewissen hinsichtlich der Technik beruhigen. Aus dem Augenwinkel heraus entdecke ich einen kleinen Fleck links neben Bruno’s rechtem Vorderreifen. Leichte Panik macht sich breit. Sollte hier ein technischer Defekt vorliegen, der meine unbändige Vorfreude ins Gegenteil umwandeln könnte? Gut, dass mein Kumpel und Konvoi-Partner Patty T3- Experte ist und mir telefonisch schnell die Angst nehmen kann. Es sei bestimmt nur ein wenig Servo-Öl, dass sich den Weg nach Außen gesucht habe. Ein Blick in den Motorraum bestätigt diese Vermutung und lässt mich nach Auffüllen des entsprechenden Behälters regelrecht aufatmen. Am nächsten Morgen um Punkt 08:00 Uhr rollt Patty mit seinem grünen Joker vor die Haustür. Es kann losgehen.
Kontinuierlich mit Tempo 80 und fahren wir die A 7 hoch zum „Mai-Light“ des Jahres.
Die Warnleuchten ständig im Blick erreichen wir um 09:30 Uhr pannenfrei die Karlsruher Straße direkt am Messegelände. Wir werden winkend von anderen Busfahrern begrüßt, deren Autos sich bereits in eine Schlange eingereiht haben. Ein kurzer U-Turn und wir haben uns dieser heiteren Wartegemeinschaft angeschlossen. An erster Stelle steht, wie sollte es auch anders sein, Marco, aka der „Teilegott“. Ein Mann der
mit seinem unverwechselbaren T3 als rollende Party-Hochburg zur Legende wurde. „Endlich vernünftige Leute!“, weiß Patty richtig zu bemerken bevor wir bei einem ersten Bierchen in unsere Campingstühle sinken, die wir neben den Bussen auf dem Gehweg wie unsere Nachbarn auch, platziert haben. Man munkelt, wenn es schlecht läuft könnten die Tore auch erst gegen 15:00 Uhr geöffnet werden. Uns gerade irgendwie völlig egal, bei Kaltgetränk, Sonnenschein und genügend Unterhaltungsthemen. Blickt man entlang der immer länger werdende Reihe kann man erkennen wie international es an diesen Tagen werden wird. Bulgaren, Niederländer und Polen sind bereits angereist um sich diesem Mega-Event so früh als möglich anzuschließen. Käfer, Kübel & Co. sieht man an
diesem Vortag allerdings nur selten. Wenn es um eine Übernachtung auf dem Gelände geht ist eher der Transporter das Fahrzeug der Wahl, der vom T1 über den T2 bis einschließlich des wassergekühlten T3 auf das eigentliche Veranstaltungsgelände rollen darf, während Busse folgender Generationen auf andere Parkplätze ausweichen müssen. Getreu dem Motto, denn hier soll ausschließlich den Luftis unter Duldung aller T3 gehuldigt werden. Gegen 13:00 Uhr ist es dann endlich soweit und jeder der Eingereihten darf sich einen Platz unter den Bäumen der Messefläche suchen. Nach der stundenlangen Warterei verhalten sich viele doch recht panisch was die Stellplatz-Suche
und den Aufbau anbelangt. Da Patty und ich mit den Bussen ja quasi schon schlaffertig gestartet sind ist unser Lager schnell errichtet. Zeit um den Leuten drumherum beim Aufbau ganzer Hausstände in windeseile zuzuschauen. Maikäfertreffen ist eben nur einmal im Jahr und mit ca. 24 Stunden Gesamtdauer auch ziemlich schnell wieder vorbei. Aber daran wollen wir gar nicht denken. Dieser Moment gehört jetzt uns und unserer Freundschaft, die von guten innigen Gesprächen rund um das Leben, aber auch von allerlei Blödsinn, den nur wir beide so schön ausformulieren können geprägt ist. Bilateraler Austausch der fest eingeplant ist und
zusammen mit den Beobachtungen ringsherum eine pikante Mischung ergibt. Ausgesprochen drehen wir mit unseren alten Klapprädern eine Runde über das Gelände, treffen alte Bekannte und schauen schon einmal über den riesigen Teilemarkt. Schön, daß ich das was ich all die Jahre zuvor innerhalb von ein paar Stunden zu Fuß abgerissen habe, jetzt über zwei Tage hinweg „abarbeiten“ kann. Zudem merke ich mal wieder, dass diese bunte Community einfach genau mein Ding ist, da sie im Geg
ensatz zu vielen anderen entspannter unterwegs ist, was natürlich auch den Autos unterm Hintern geschuldet ist. Gegen Nachmittag klappern wir auf unseren Rädern
schwitzend zum Burger King in der Hildesheimer Straße. Hier findet wie in jedem Jahr am 30. April die May Cruise Madness des DFL VW Clubs statt, der
übrigens 1998 gegründet Deutschlands erster Cal Look Club überhaupt ist. Ein klassisches Warmlaufen der Luftgekühlten,
das schon mal Lust auf die Lawine macht, die am 1. Mai dann noch auf uns zurollt. Zurück an unseren Bussen braucht es Gegrilltes. Ein Sonnenuntergang nach Maß leutet dann die lange Partynacht an der „Wilden13“, dem anfangs erwähnten Partybus vom Teilegott ein. Zusammen mit der „Bushaltestelle“ einer Gruppe von Busfahrern, die allen Partywilligen
eine Theke und gegen Spende entsprechende Getränke bietet, ein genialer Abschluss des Tages. Es macht einfach Spaß hier zu sein, sich nicht verstellen zu müssen und so viele freundliche Menschen zu treffen. Neben einigen Insta-Größen lerne ich an diesem Abend endlich auch mal Daniel Hartmut Steffen kennen. Unter dem Pseudonym Hardmood vereint der Youtuber viele Lufti-Fahrer und lässt Patty und mir ein fettes Like für unsere Klappis zukommen. Um 00:30 Uhr kriechen wir dann endlich in die Bäuche unserer Transporter und schlafen gefühlt noch während des Wecker-Stellens ein.
Da ich für meine Schreibprojekte am nächsten Tag reichlich auf der Fotoliste stehen habe, braucht es den Wecker nicht. Um 5:00 Uhr kann ich wegen dieses Vorhabens schon nicht
mehr schlafen. Es dauert auch nicht lang, da kann man schon die ersten Flat4-Motoren auf der Straße nebenan blubbern hören. Wie am Tag zuvor, nur stehen jetzt
hauptsächlich Käfer in einer Reihe um sich endlich auf dem Gelände präsentieren zu können. Noch vor dem Frühstück laufe ich durch die Reihen für eine erste Fotorunde, in der mir noch keine Menschen in das Motiv hineinlaufen können. Leicht verkatert treibt es dann doch nach und nach die Fahrer aus ihren Autos, während sich der große Messeparkplatz zusehends füllt. Die Sonne strahlt mit aller Kraft und lässt mich und Patty während unserer
Erkundungstouren immer mal wieder in den Schatten der Busse zurückkehren. High Noon verbucht die Veranstaltung mehr als 10.000 Besucher und bis zu 3.000 Oldtimer. Eine Menge die sich beim Bummel bemerkbar macht. Kaum ein Durchkommen auf dem Teilemarkt und darüber hinaus muss man aufpassen nicht von einem der unzähligen Krabbler auf dem Asphalt angefahren zu werden. Flashige Eindrücke die man kaum zu verarbeiten mag und zusammen mit der Suche nach Fotomotiven auch ziemlich anstrengend sind. Unglaublich was aus diesem kleinen Altwarmbüchener-Ersatzteilemarkt in den 1980er Jahren im Laufe der Zeit geworden ist.
Auch die Show & Shine Bühne lassen wir nicht außer Acht. Hier präsentieren Lufti-Besitzer unter den Augen einer Fachjury ihre geliebten Schätzchen und gepflegten Schmuckstücke. Während wir uns eine fetttriefende Portion Pommes zu Gemüte führen rollen auf Hochglanz polierte Busse, schnittige Karmann Ghias oder tiefer gelegte Käfer und Kübelwagen auf die Bretter. Unterhaltsam moderiert kann man es hier schon ziemlich gut aushalten, wenn da nicht die vielen anderen kuriosen Kultautos auf dem Parkplatz locken
würden. Nach etlichen Runden und unzähligen Aha-Momenten sind gegen 13:30 Uhr unsere Ü-40-Akkus entleert. Viel Input und noch mehr Schritte haben ihre Spuren hinterlassen. Wir müssen Abschied nehmen und lassen uns vom Strom der Heimkehrer bis auf die Autobahn mitziehen. Was für eine schöne Zeit! Es hat sich auf jeden Fall mehr als gelöhnt das Event von Anfang an miterlebt zu haben. Möge es noch lange solche Menschen geben die diese alten Autos, dieses Kulturgut, am Leben halten. Für mich heißt es nun aber erstmal Wunden lecken und Servo-Öl-Leitung abdichten, damit dem nächsten Abenteuer auch nichts mehr im Wege steht.