Stiller Abschied in goldener Natur – Letzte Ausfahrt zum Oberharzer Wasserregal
Man(n) sieht sich einfach zu wenig, haben mein Kumpel Patty und ich im Laufe der Jahre unserer Freundschaft immer wieder feststellen müssen. Nachdem mit dem Maikäfertreffen das jährliche Auftaktwiedersehen als feste Institution steht, brauchte es zumindest noch ein Gegenstück zum Abschluss der Bus-Saison. Nicht allzu weit weg, möglichst chillig sollte es sein und so war wieder einmal der Harz Austragungsort des neuen Bernie-Patty-Camps, kurz BPC, im goldenen Herbst.
Insgesamt war es ein maues Jahr was das Reisen mit dem Transporter anbelangt. Familiär hat uns oft das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das soll aber für das BPC irrelavant sein. Zumindest hatten wir uns das so auf die Fahnen geschrieben. Als es am Tag der Abfahrt in den Harz dann aber doch recht kühl und leicht regnerisch ist kommen erste Zweifel auf. Patty und ich wissen
uns aber selbst zu motivieren, denn letztendlich braucht es ja nicht viel. Zwei sich auf den standbringenmüssende Freunde, Markisen, Grillgut, Getränke und einen Stromanschluss für den Heizlüfter in der jeweiligen Blechhütte. Der passende Platz für dieses Vorhaben war im Vorfeld relativ schnell gefunden: Wildwood-Camping in Clausthal-Zellerfeld. Auch wenn die Fahrt mit unseren Oldtimern an so
mancher Steigung die Schweissperlen auf die Stirn trieb, konnte die Zieleinfahrt auf dem inmitten der Natur gelegenen Platz mehr als versöhnen. Die im Winter 2024 vollzogene Renovierung fällt einem schon bei der Anmeldung deutlich ins Auge. Der Tresen liegt neben einem urgemütlichen Kaminzimmer, dass zum Verweilen einlädt.
Nebenan findet sich ein kleiner Shop mit allem Nötigsten und einem in der Abwicklung digitalisierten Brötchenservice. I-Tüpfelchen dieses unglaublich positiven ersten Eindrucks sind die freundlichen Mitarbeiterinnen, die uns mit den entsprechenden Infos versorgen und den Weg zum BPC weisen. Begeistert rollen wir auf unser Plateau mit Blick auf einen angrenzenden
Teich des Oberharzer Wasserregals. Auch die Erstinspektion der sanitären Einrichtungen mündet in regelrechten Begeisterungsstürmen. Modern, stilvoll, gepflegt sind wohl die Adjektive des Moments. Der erste Campingplatz dessen Waschbecken ich nach dem Händewaschen freiwillig mit einem extra dafür an der Wans befindlichen Lappen nochmal übertrockne. Auch ein Rundgang durch die in die Natur eingelassene Anlage lassen weiterhin das Launebarometer ansteigen, auch wenn das Wetter bei diesem Happening nicht unbedingt mitspielen will. Unter den Markisen und mit der richtigen Kleidung lässt es sich aber prima aushalten an diesem besonderen Herbsttag im Harz.
Wir vertiefen uns im Gespräch und lassen dabei das Grillgut knusprig werden. Beeindruckend schon jetzt die Ruhe hier oben, auch wenn sich um uns herum noch ein paar mehr mobile Camper dazugesellen. “Enjoy the Silence”, der Hit von Depeche Mode, scheint hier oben Programm und ist der beste Soundtrack für die Vorbereitungen zum dringend notwendigen Erholungsschlaf nach dem Ende dieser Arbeitswoche. Lediglich das mantrische Summen des Heizlüfters bleibt am Ende um in meiner mollig warmen Behausung langsam ins Schlummerland abzudriften, während draussen der Herbst seinen feuchten Senf dazu gibt.
Der Morgen ist neblig und klamm. Wasser steht in der Luft und der Wolkenvorhang will auch heute nicht so richtig vor der Sonne weichen. Frische suchend geht es zunächst unter die noblen Duschen. Fast schon Wellness bei der Qualität. Noch die Brötchen am Automaten per Karte bezahlen und dann ein stärkendes Frühstück auf 560 Meter über Null. Doch allzu lange rumsitzen soll an diesem Samstag nicht sein.
Heute steht eine Wanderung durch die Landschaft rund um das Oberharzer Wasserregal auf dem Programm. Die Wasserwirtschaftsanlagen in Form von Teichen und Gräben sind ein vom 16. bis ins 19. Jahrhundert geschaffenes System zur Umleitung und Speicherung von Wasser, das wiederum Wasserräder in den Bergwerken des Oberharzer Bergbaus antrieb. Seit 1978 als
Kulturdenkmal unter Denkmalschutz und 2010 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt, bieten die Bauwerke reichlich Zielpunkte um sich ausgiebeigen Ausflügen zu Fuß oder mit dem MTB hinzugeben. Wir haben den Spiegeltaler Wasserfall für uns auserkoren. Gut ausgeschildert geht es über Stock und Stein zur Bockswieser Höhe mit ihren 610 Metern. Hoch und runter über drei Kilometern Länge, wobei die frisch durch Wildschweine aufgeworfene Erde am Wegesrand in mir eine gewisse Unruhe aufkommen lässt.
Eine von-Aug-zu-Aug-Begegnung bleibt zum Glück aus und wir erreichen den künstlich angelegten Katarakt im malerischen Spiegeltal. Als Höhenausgleich zwischen den Wassergräben in denen die Holzernte abtransportiert werden sollte angelegt, versetzt das nasse Spektakel den Besucher nun in eine Art Jurassic-World-Kulisse. Zudem weit und breit keine Mensch. Ein Moment zum Innehalten
und Akku aufladen. Die Seele gestreichelt, werden beim anschliessendend Aufstieg zurück auf die Bockswieser Höhe die Oberschenkel gequält. Nassgeschwitzt auf der riesigen Bergweise angekommen werden wir dafür jedoch reichlich belohnt. Der Blick über diesen Teil des Harzes ist einfach herrlich. Noch an einer Herde Rotes Höhenvieh vorbei kehren wir mit vollbrachtem Tagwerk in den Waden ins BPC zurück.
Nun heisst es ausruhen und den eintreffenden Campern beim ankommen zuschauen. Auch heute steht Grillfleisch auf dem Speiseplan. Gesättigt an Festem und Flüssigem fallen wir bereits um 18:30 in die Kojen. Gut, dass die Dämmerung bereits einsetzt hat. So kommt der frühe Abgang möglichen Beobachtern nicht ganz so komisch vor. Mitten in der Nacht gönne ich mir noch einen Blick auf den sternklaren Himmel, verkrümel mich aber dann doch bei acht Grad Aussentempertur gerne wieder ins Mobilheim.
Kondenswassser steht an den Scheiben des Tansporters als ich am Morgen meine Auge öffne. Patty und ich treffen und wie immer am Tisch zwichen den Bussen. Käffchen hier, Morgentoilette dort, Frühstückzelebration da. Irgendwie kann es das doch jetzt noch nicht gewesen sein! Ein Gedanke der uns beiden kommt und der mit einer weiteren kleinen Wanderung zum Wasserrad am Carler Teich in Clausthal ausgemerzt werden soll.
Auf dem Weg dorthin begutachten wir noch einmal die neuen Anlagen des Wildwood-Platzes. Die öffentliche Terasse mit Pizzabackofen und zwei großen Grills für die Gäste beeindruckt ein weiters mal. Hier wurde auf besonders schöne sowie durchdachte Art und Weise in die Zukunft investiert. Das tat auch die Stadt Clausthal-Zellerfeld als sie im Herbst 2022 das Go für den Neubau des Wasserrads in die Wege leitete und so das Bergbau-Ensemble am Carler Teich in seinen ursprünglichen Zustand zurückversersetzte. Schön wie sich dieses Bauwerk nun wieder dreht und als
funktionstüchtiges Denkmal der Bergbautradition den Touristen als Ausflugsstation zur Verfügung steht. Die Tour führt uns auch am “Robinson-Spielplatz” vorbei. Die überwiegend bergbaulich thematisierten Spielgeräte und Objekte für verschiedene Altersgruppen laden Kinder und Familien ein,
das Weltkulturerbe auch spielerisch zu entdecken und selbst zu erleben. Zudem passieren wir den Reiterhof “Villa Kinderbunt”, der uns zwar rein optisch nicht wirklich abholt, aber dennoch für Kinder bestimmt eine prima Abwechslung bietet, wenn es darum geht die Ferien hier oben möglichst erlebnisreich zu verbingen. Eine schöne letzte Runde, die uns auch zum Abschuss dieser letzten Ausfahrt im Jahr 2025 führt. Ein Wochenende voller Ruhe und echter Freundschaft sowie der Freude darüber im Wildwood-Camping eine echte Freizeitperle des Harzes entdeckt zu haben. Nachmachen lohnt!